Phänomen Kulhanek zieht TSV den Zahn
Eine eindeutige Erklärung für die lobenswerten Leistungen in fremden Hallen und den eher zurückhaltenden Auftritten im heimischen TSV Bayer Sportcenter gibt es nicht. Gegen den HSC Coburg konnten die Wiesel am Mittwochabend jedenfalls wieder nicht an die guten 60 Minuten in Bietigheim anschließen. Am Ende verlor das Team von Matthias Flohr mit 24:29 (12:13), was den Trainer zur Weißglut brachte: „Das geht mir total auf den Sack. Es gelingt uns einfach in den Heimspielen nicht, mit Leidenschaft und Mut auf die gegnerische Abwehr zuzugehen. Wir kämpfen uns immer wieder ran, dann schmeißen wir es selber wieder weg und werfen Jan Kulhanek zum Helden.“ Der 41-jährige Coburger Schlussmann hielt „bombastisch“, wie Dormagens Torwartlegende Joachim Kurth feststellte. „Er hat uns mit seinen 21 Paraden den Zahn gezogen.“ Die Bewertung von Gäste-Coach Brian Ankersen: „Kulhanek ist ein Phänomen.“
Ganz bitter: Auf Artur Karvatski, der mit mehreren gelungenen Anspielen und zwei Treffern aufwartete, muss der TSV lange verzichten. Der Linkshänder verletzte sich in der 35. Minute schlimm: Er hatte den Ball nach dem bestens getimten Anspiel von Mislav Grgic in der Luft angenommen und den Anschluss zum 14:15 erzielt. Er landete unglücklich, verdrehte sich das Knie und blieb laut schreiend liegen. Dass dieser Schreckmoment Auswirkungen auf die Leistungen seiner Auswahl hatte, wollte Flohr als Entschuldigung nicht gelten lassen: „Da gibt es keinen Zusammenhang. Bei Artur geht es jetzt um die Gesundheit und wir hoffen alle, dass es für ihn so glimpflich wie möglich ausgeht.“ Auch Ankersen war betroffen: „Das war schwer anzusehen. Wir wünschen ihm gute Besserung.“
Einen ersten Aufschrei hatte es schon zu Beginn der Partie gegeben: Rechtsaußen Jan Reimer musste nach einem Foul von Arkadiusz Ossowski auf dem Spielfeld behandelt werden. Reimer konnte weitermachen, ging auch an die Siebenmeterlinie und verwandelte zum 1:1. Die anschließende erste (und einzige) Dormagener Führung resultierte aus dem flinken Konter von Linksaußen Jaka Zurga. Danach legte immer Coburg vor, profitierte dabei zu oft von Fehlern der Gastgeber, die auch in der Defensive nicht immer so zupackten, wie man es von ihnen gewohnt ist.
Auch wenn die Oberfranken spielerisch dominierten, „ergebnistechnisch“ schien bis zehn Minuten vor dem Ende alles möglich zu sein. „Es darf nicht so spannend werden, wenn unser Torwart so viele Bälle hält“, war die einzige Kritik von Brian Ankersen. In Hälfte eins kam der TSV bis auf 7:8 und 12:13 heran. Kurios der Treffer von Alexander Senden zum 10:12: Kulhanek blieb lange auf dem Ball sitzen, um damit zu demonstrieren, dass das Spielgerät die Linie nicht überquert hätte. Zur Pause hieß es 12:13, weil Patrick Hüter den Zuckerpass von Senden aufnahm und vollstreckte. Der Blick auf die bisherigen Halbzeitergebnisse stimmte freilich nicht optimistisch auf die zweite Hälfte ein: Wenn der TSV bislang nach einer halben Stunde zurücklag, dann auch nach 60 Minuten.
Am Spielverlauf änderte sich auch nach der schweren Verletzung von Karvatski nicht viel: Die Gastgeber holten immer wieder auf, bis hin zum 20:21 in der 48. Minute durch Ian Hüter. Dann aber musste das Spiel einige Minuten unterbrochen werden: Die Rettungssanitäter brauchten Platz, um den Letten auf die Trage zu legen und aus der Halle zu bringen. Der Wiederanpfiff galt Jan Reimer, der mit seinem Strafwurf an Kulhanek scheiterte. Coburgs Held wehrte direkt danach auch zweimal gegen den frei werfenden Patrick Hüter ab. „Wir hatten zu viele Fehlwürfe, da nehme ich mich auch selber in die Verantwortung“, war der Kapitän später selbstkritisch.
Auf der anderen Seite erhöhten Bartlomiej Bis und Merlin Fuß auf 20:23 für Coburg. Auch die Rote Karte gegen Bis nach einem Treffer ins Gesicht von Ian Hüter gab dem TSV-Spiel keinen neuen Schub: Der HSC sorgte für die Vorentscheidung zum 20:26. Die Manndeckung in den letzten vier Minuten trug dazu bei, die Niederlage nicht noch deutlicher werden zu lassen. Zu einer Reaktion auf den nicht überzeugenden Abend ist die Mannschaft am Samstag, 5. November, fähig. Dann steht das Auswärtsspiel beim Bundesliga-Absteiger TuS N-Lübbecke an.
TSV Bayer Dormagen - HSC 2000 Coburg 24:29 (12:13)
Dormagen: Juzbasic (25.-51., 4 Paraden), Simonsen (3 Paraden); Böhnert (n.e.), Reuland (1), Meuser (1), Senden (2), Sondermann (n.e.), Karvatski (2), Zurga (3), I. Hüter (3), Reimer (4/2), Grgic (1), P. Hüter (2), Träger (1), Seesing (3), Steinhaus (1).
Coburg: Kulhaenk (21 Paraden), Apfel (bei einem 7m); Dettenthaler (6), Bis (3), Glatthard (2), Fuß (2), Siegler (n.e.), Ossowski (4/1), Billek (2), Herzig, Krone (1), Knauer (2), F. Jaeger (3), Schröder (4).
Schiedsrichter: Halbach / Halbach.
Zuschauer: 689.
Zeitstrafen: 10:12 Minuten.
Siebenmeter: 2/4:1/1 (Reuland wirft über das Tor, Kulhanek hält gegen Reimer).
Spielfilm: 2:1, 2:5 (10.), 6:7 (17.), 7:8, 7:11 (24.), 8:12 (26.), 11:12 (29.), 12:13 - 14:15, 15:18, 18:19 (43.), 18:21, 20:21 (48.), 20:26 (56.), 22:29, 24:29.